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K. 3 Oberitalien.
Dieses wurde erst zur Zeit des Augustus zu Italien ge-
rechnet und viele Militairkolonien in demselben gegründet. Es
umfaßte drei Landschaften: Liguria, Gallia eisalpina oder togata
und Venetia nebst Carnia und Jstria.
1. Liguria umfaßte zur Zeit des Augustus den Küstenstrich,
welcher im Norden vom Po, im Osten von der Trebia und
Macra, im Westen vom Varus und im Süden vom ligustischen
Meere begrenzt wird. Die Bewohner btefer, Gebirgsgegend be-
schäftigten sich vorzüglich mit der Jagd und trieben auch schon
einen ziemlich lebhaften Handel. Genua war ihr Haupthandels-
platz. Dahin brachten sie ihre Waaren, besonders Thierfelle,
Holz und Honig. Dort erschienen auch schon die Karthager, diese
Waaren abzuhohlen, vor allen aber die Massilier, die hier eine
eigene Stadt, Nicäa, das heutige Nizza, gründeten. Bei Vada
Sabatia, dem heutigen Savöna, fangen die Seealpen an.
2. Gallia cisalpina, d. i. das diesseits der Alpen gelegene
Gallien, hat seinen Namen von den Galliern erhalten, die schon in
alter Zeit, lange vor dem berühmten Zuge des Hannibal, über die
Alpen gegangen waren und die alten Einwohner des Landes,
die Tusker, aus diesen fruchtbaren Ebenen vertrieben hatten.
Die neuen Bewohner nahmen mit vielen römischen Kolonisten
auch römische Sitten und Gebräuche an; und von dem Anlegen
der Toga insbesondere, der Nationaltracht der Römer, erhielt das
romanisirte Gallien auch den Namen Gallia togata, im Gegen-
satz zu dem jenseitigen Gallien, welches liraeoata genannt wurde,
weil die Bewohner die bei den Römern ungebräuchlichen Hosen
(braoeas) trugen. Die Landschaft war außerordentlich fruchtbar
und voll blühender Städte, welche einen lebhaften Verkehr trie-
den, der durch den Padus oder Po sehr befördert wurde. Die-
ser ist der Hauptstrom des Landes. Er theilt dasselbe der Länge
nach in zwei Theile. Der nördliche heißt Gallia transpaüana
oder das jenseits des Po gelegene Gallien, der südliche Gallia
eispaüana oder das diesseits gelegene.
In dem ersteren, dem nördlichen Theile, strömen aus den
Alpen mehre Flüsse dem Po zu und nehmen alle ihren Lauf
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Extrahierte Personennamen: Augustus Liguria Augustus Varus Gallia Hannibal
9
jetzt versandet. Diese Stadt war seit Honorius oft die Residenz
römischer Kaiser, später Sitz der ostgothischen Könige und zuletzt
eines griechischen Statthalters, welcher hier unter dem Titel Er-
arch regierte.
3. Venetia. Nach der von Augustus getroffenen Einthei-
lung begriff man unter diesem Namen nicht nur das Land der
V e n e t e s, sondern auch das der C a r n i und I st r i. Die Haupt-
flüsse sind hier: Athesis (Etsch), der Medoäcus maior (Brenta)
und Medoäcus minor (Bacchiglione); die Plavis (Piave); Li-
quentia (Livenza); der Tilaventus (Tagliamento) und der Son-
tius (Jsonzo), die alle aus den Alpen kommen und von Norden
nach Süden dem adriatischen Meere Zuströmen. Die eigentlichen
Veneter, welche den westlichen Theil der Küste bewohnten, ge-
hörten wahrscheinlich zum illprischen Volkstamme, obgleich sie sich
selbst für Abkömmlinge der alten Trojaner ausgaben. Begün-
stigt durch ihre Lage trieben sie schon früh lebhaften Handel und
gelangten zu einem außerordentlichen Wohlstände. Aus Furcht
vor den benachbarten Celten unterwarfen sie sich freiwillig den
Römern, und alle ihre Städte bekamen deshalb die Rechte der
römischen Municipien. Die Hauptstadt war Pa tavium (Padua)
am Medoäcus, der Sage nach von Trojanern unter Antenor
gegründet, der Geburtsort des Livius. Wegen ihrer Größe und
ihres Reichthumes galt sie unter dem Kaiser Tiberius für die
zweite Stadt des Reiches; ferner Verona, an beiden Seiten der
Etsch, Geburtsort des Dichters Catullus, des ältern Plinius und
des Baumeisters Vitruvius. Unter den vielen noch vorhandenen
Überresten aus der Römerzeit ist besonders merkwürdig ein ziemlich
gut erhaltenes Amphitheater. In der Nähe von Verona lag auch
das Dorf Hostilia, der Geburtsort des Cornelius Nepos.
Neben den Venetern, im heutigen Friaul, saßen die Carni,
ein Volk ungewisser Abkunft, das von Augustus unterworfen
wurde. In ihrem Lande lagen Aquileja, welches 452 n. Ehr.
von Attila zerstört wurde, und Forum Julii, das heutige Friüli.
Mit den Carni wurden auch die Jstri unterworfen. Zu den
Städten dieser gehörten Tergeste, das heutige Triest, und Pola,
die als römische Kolonie den Namen kieta« llulia erhielt.
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Extrahierte Personennamen: Honorius Honorius Venetia Augustus Augustus Tiberius Cornelius_Nepos Augustus Attila Pola
272
alten Gesetze gegen die Hauptübel des Staates, gegen Gewalt
und Amtserschleichung, und ließ dieselben, zum Theil wenigstens,
streng vollziehen. Gegen Milo ließ er sofort den Proceß cin-
leiten und ihn, trotz Cicero's meisterhafter Vertheidigungsrede, mit
der Verbannung bestrafen. Um wenigstens den Schein republi-
kanischer Gesinnung zu retten, ernannte er für die letzten Mo-
nate des Jahres seinen neuen Schwiegervater D. Metellus
Scipio, zum Amtsgenossen und duldete bei wachsender Zer-
würfniß, daß Cäsar auch abwesend um das Cosulat werben dürfe.
Auch schickte er diesem von Zeit zu Zeit neue Legionen zu; er
selbst glaubte durch seine Anwesenheit in Rom den größeren
Vortheil zu haben. Seine Statthalterschaft in Spanien ließ er
sich noch auf fünf Jahre verlängern.
§. 64. Cäsar's Kriege in Gallien. (58—51).
Unterdessen hatte Cäsar durch die glänzeudsten Siege in
Gallien das Ansebn des Pompejus bereits zu überstralen begon-
nen. Gallien war damals von einer Menge kleiner unabhän-
giger Völker bewohnt, die sich fortwährend befehdeten und auch
gegen den gemeinsamen Feind sich nicht vereinigten. Hiedurch
wurde den Römern der Sieg erleichtert. Bisher hatten diese
durch Kriege im südlichen Gallien nur die sogenannte provinem
Uonmng, die heutige Provence, erworben, und waren mit den
Völkern im Innern des Landes nur wenig in Berührung ge-
kommen. Den erwünschten Anlaß zum Kriege gaben dem Cäsar
die Helvetier, welche im Jahre 58 nach dem östlichen Gallien
auswanderten, um sich bessere Wohnsitze zu suchen. Sie plün-
derten das Gebiet der Äduer und bedrohten selbst die römische
Provinz. Cäsar griff diese Horden bei Bibracte an der Saone
an, und theils vernichtete er sie, theils zwang er sie zur Rück-
kehr in ihr Land. Schon früher war Ariovist, der Anführer
germanischer Völkerschaften, über den Rhein in Gallien einge-
drungen; die Sequaner hatten ihn gegen ihre Feinde, die Äduer,
zu Hülfe gerufen. Als dieser aber nach Unterwerfung der Äduer
stets neue Scharen nach Gallien herüberzog und auch ein Theil
des Gebietes der Sequaner als Lohn in Besitz nahm; da such-
ten beide Völker bei Cäsar Schutz gegen die Deutschen. Dieser
trieb den Ariovist nach einem Siege bei Vesontio (Besançon)
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Ruhe dieser Weltstadt verschönerte er dieselbe mit den herrlich-
sten Gebäuden und Anlagen '), und seine Freunde wetteiferten
hierin mit ihm. Agrippa allein legte in einem Jahre 150
Springbrunnen und 130 Wasserbehälter an; außerdem crbauete
er auch auf seine Kosten das Pantheon. — Italien, mit
Einschluß vom diesseitigen Gallien, theilte Augustus in 11 Re-
gionen und übertrug deren Verwaltung und Gerichtsbarkeit
Quästoren.
4. Die Provinzen zur Zeit des Augustus zerfielen in
Cäsarische (provínome Caesaris), die, als noch nicht völlig
unterworfen und beruhigt, unmittelbar unter dem Imperator
standen und eine große Militärmacht besaßen; und in sen «to-
rische (provínome senaius), die, als beruhigt und friedfertig,
von Proconsuln ohne Militärmacht verwaltet und vom Senat
und Volk gemeinschaftlich auf ein Jahr besetzt wurden 2). In
den Provinzen des Kaisers betrachtete sich dieser selbst als Statt-
halter; daher sandte er dorthin nur Stellvertreter, Legate mit
proprätorischer Gewalt, die ihr Amt so lange verwalteten, als
es ihm gefiel. Beiden standen gewöhnlich Procuratoren und
Quästoren als Verwaltungsgehülfen zur- Seite. Augustas selbst
bereisete wiederholt die Provinzen und ordnete ihre Verhältnisse.
Überhaupt erhielten sie, die früher so hart gedrückt wurden,
durch ihn ein milderes Schicksal, weil die Statthalter unter
strenge Aufsicht gestellt und auf ein festes Gehalt angewiesen
wurden. Bei ihrem Abgang in die Provinz erhielten sie jedes
Mal vom Kaiser ihre besonderen Instruktionen und Mandate
0 Augustus rühmte .sich mit Recht: marmoream se relinquere
urbem, quam lateritiam accepisset. Suet. Oct. 28. — Bei Livius Iv
90. wird er templorum omnium conditor aut restitutor genannt.
'lj Die Provinzen außer Italien waren folgende: 1. In Europa:
Sicilien, Sardinien und Corsika; Thracien und Mösien
(an der untern Donau>, Macedonien, Achaja (Griechenland), Pan-
nonien (Nieder- Ungarn-; Illyricum (Dalmatien), Noricum
(Kärnthen, Krain); Räti en (Graubünden und Tyrol); Vindelicien
(zwischen dem Inn, der Donau und Rätien; Gallien, Spanien und
Lusitanien (Portugal). 2. In Afrika: Die Provinzen Afrika; Nu-
mi dien und Mauri tanien im Westen der Nordküste; Cyrenaica
und Ägypten im Osten derselben. 3. In Asien: Syrien nebst Palä-
stina, Cilieien; die Provinz Asien (Kleinasien); Creta.
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Extrahierte Personennamen: Agrippa Augustus Augustus Augustus
Extrahierte Ortsnamen: Italien Gallien Italien Europa Sicilien Sardinien Donau> Macedonien Achaja Griechenland Dalmatien Noricum Krain Tyrol Donau Gallien Spanien Portugal Afrika Afrika Asien Syrien Creta
311
sagte, die Lorbeeren seien schön, aber unfruchtbar. Die Kriege,
die er durch seinen Schwiegersohn Agrippa und durch seine
Stiefsöhne oder Legaten führen ließ, hatten fast nur den Zweck,
die Grenzen des Reiches zu sichern und die Ruhe im Innern
aufrecht zu erhalten. So wurden im nördlichen Spanien die
noch unbezwungenen Cantabrer und Asturier nach hartnäcki-
gem Kriege von Agrippa völlig unterworfen (25 19). Gleich-
zeitig wurde auch das westliche Gallien, wo während der
römischen Bürgerkriege die Sehnsucht nach Freiheit von Neuem
erwacht war, bezwungen. Die Ostgrenze des Reiches ward
durch einen Feldzug gegen die Parther gesichert, deren König
Phraates auf die Nachricht von des Kaisers Ankunft tu Syrien
(20) die vom Heere des Crasfus erbeuteten Gefangenen und
Feldzeichen freiwillig zurückgab; ein Ereigniß, das von schmei-
chelnden Dichtern als ein glänzender Sieg besungen wurde. Um
Italien gegen die Einfälle germanischer Völker zu schützen, ließ
Augustus die Alpenvölker in Rätien, Vtndelicien und
Noricum bis zur Donau hin durch seine Stiefsöhne, Drusuö
und Tiberius, unterwerfen und die neuen Eroberungen durch
Anlage von Kolonien sichern (15 v. Ehr).
Weit größer und gefährlicher aber waren die Kriege gegen
die Germanen am Rhein. Durch Cäsar's Eroberung der
gallischen Provinzen bis an den Rhein waren die Römer Grenz-
nachbaren der gefürchteten Germanen geworden, die fortwährend
in ganzen Scharen über den Strom setzten und plündernd und
verheerend in Gallien einfielen. Die Nachbarschaft eines solchen
Volkes ward den Römern immer furchtbarer und verhaßter.
Deshalb beschloß Augustus, Land und Volk sich zu unterwerfen
und schickte seinen Stiefsohn Drusus mit einem großen Heere
dahin. Aber der Kampf mit diesem Volke war für die Römer
kein Spiel. Drusus unternahm vier Feldzüge in Deutschland,
vom Jahre 12 bis 9 vor Ehr. und drang sogar bis zur Elbe
vor; aber seine Züge waren keine Eroberungen. Die Ger-
manen wichen in ihre Wälder zurück, brachen dann aber plötz-
lich aus dem Dickicht wieder hervor und überfielen in unweg-
samen Gegenden die ermüdeten Feinde. So wurde schnell wie-
der erobert, was noch so eben war verloren worden. Das
wirksamste Mittel aber, welches Drusus zur Sicherung der
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Extrahierte Personennamen: Agrippa Agrippa Augustus Tiberius Augustus Drusus Drusus
352
Provinzen alle asiatischen Lander, Ägypten, Libyen und Thra-
kien; die zweite oder illyrische Präfectur in 2 Diöcesen und
11 Provinzen Mösien, Makedonien, Griechenland und Creta.
Zur dritten Präfectur Italien mit 3 Diöcesen und 29 Pro-
vinzen gehörten Italien mit den Inseln Sicilien, Sardinien und
Corsika, ganz West-Africa von Cyrene an, und die Süd-Donau-
länder bis Mösien. Die vierte Präfectur Gallien mit 3 Diö-
cesen und 29 Provinzen begriff Gallien, Spanien und Brittan-
nien. Jeder Präfectur stand ein Prüfe et vor, der ohne Heer-
befehl die ganze bürgerliche Verwaltung und Rechtspflege leitete,
den Haushalt, die Polizei und Gewerblichkeit beaufsichtigte. Ihn
unterstützten in den Diöcesen Vicarien oder Stellvertreter, in
den Provinzen Rectoren (auch Conrectoren, Präsidenten, Pro-
consularen genannt). Rom und Constantinopel hatten ihre be-
sonderen Präfecten, die ebenfalls ohne Heerbefehl waren.
Das gesammtc Militär war einem Oberfeldherrn (magister
ntriusque exercitus) untergeben. Unter ihm stand der Befehls-
haber der Fußtruppen (magister peditum) und der der Reiterei
(magister equitum), unter welchen zunächst die Comites und
Duees als Befehshaber der Truppen in den Provinzen standen.
Den Mittelpunkt der ganzen Negierung und Verwaltung
aber bildeten die sieben höchsten Hofämter: 1) der Oberkam-
mcrherr (praepositus saeri cubiculi), dein die Aufsicht über den
kaiserlichen Palast, das Hofgesinde, Garderobe, Tafel:c. oblag.
2) Der Reichskanzler (magister oliiciorum), welcher als Cere-
monienmeister die Audienzen leitete, als Kanzler die Bittschriften
und Anfragen an den Kaiser entgegennahm und die Jurisdiction
über alle Hofbeamten hatte. 3) Der Staatssecretär (quaestor
sacri palatii), welcher als Cabinetsrath die Gesetze und Befehle
ausarbeitete und die kaiserlichen Decrete durch seine Unterschrift
beglaubigte. 4) Der Reichsschatzmeister (comes sacrarum lar-
gitionum), dem Finanzminister vergleichbar. 5) Der Kron-
schatzmeifter (comes rerum privatarum divinae domus), als
Verwalter des kaiserlichen Privatvermögens. 6) und 7) Die
Befehlshaber der an die Stelle der gänzlich aufgelösten Präto-
rianer getretenen kaiserlichen Haustruppen zu Pferde und zu
Fuß (comites domesticorum equitum et peditum). Diese sieben
Hofbeamten bildeten mit dem Praefectus urbi, dem am Hofe
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358
vordringend, auf die Alanen stießen. Diese bedeckten damals
mit ihren zahlreichen Heerden und Gezelten die Ebene zwischen
der Wolga und dem Don. Unfähig, dem Andrange der Hunnen
zu widerstehen, schlossen sie sich, Gefahr und Beute theilend,
den Siegern an. Nun ging der gemeinschaftliche Zug über den
Don, die alte Grenzscheide von Europa. Dann stießen sie auf
die Gothen, welche die weiten Landstriche zwischen dem schwar-
zen Meere, den Ufern der Weichsel und Oder bis zum balti-
schen Meere bewohnten. Sie waren durch den Fluß Dnipr
(Borysthenes) in Ostgothen und Westgothen getheilt. Die
Oftgothen, welche zwischen dem Don und Dnipr wohnten,
konnten nicht widerstehen; sie brachen auf und stürzten auf ihre
westlichen Brüder jenseits des Dnipr, die Westgothen. Diese,
durch den gewaltigen Andrang der nachrückenden Völker fortge-
schoben, wendeten sich an den Kaiser Valens und baten ihn um
Schutz und Aufnahme in Mösien, unter dem Versprechen, daß
sie hier die Grenzwächter sein wollten. Im Drange der Noth
gewährte Valens ihre Bitte, unter der Bedingung, die Waffen
auszuliefern. Nun zogen die Westgothen zu Hunderttausenden
mit Weib und Kind über die Donau; die Ostgothen zogen ihren
westlichen Brüdern nach, ohne daß die Römer es ihnen wehren
konnten. Die römischen Beamten suchten von den fremden Ein-
wanderern jeden möglichen Vortheil zu ziehen. Die Waffen
hatte man ihnen gelassen, dagegen sie nach und nach ihrer gan-
zen Habe beraubt; eine große Hungersnoth brach aus, und die
Habsucht und Grausamkeit der römischen Beamten brachte die
Bedrängten der Verzweiflung nahe. Und als nun der römische
Feldherr Cupicinus bei einem Gastmahle zu Marcianopolis einen
verrätherischen Anschlag gegen die gothischen Fürsten Alavir und
Fridigern faßte, so rief der letztere sein Volk zu den Waffen
auf. Furchtbar wüthete jetzt das Racheschwert des mißhandelten
Volkes; unter seinen Führern durchzog es mordend und bren-
nend die nächsten Provinzen. Endlich griff der Kaiser Valens
selbst zum Schwerte und ließ sich, ohne die Hülse seines Neffen
Gratianus abzuwarten, bei Hadrianopel (378) in eine Schlacht
ein. Hier erneuerte sich der Tag bei Cannä. Furchtbar war
die Niederlage der Römer. Der Kaiser floh verwundet vom
Schlachtfelde und suchte sich in einer Bauernhütte zu verbergen.
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Extrahierte Personennamen: Cupicinus Gratianus
Extrahierte Ortsnamen: Wolga Europa Ostgothen Donau Schwerte
360
Als dieser nach Gallien kam, wurde Gratian von seinen Truppen
verlassen, er selbst auf der Flucht ermordet (383). Durch einen
Vergleich mit dem jungen Valentinian Ii., in dessen Namen seine
Mutter Justina regierte, erhielt Marimus die Präfectur Gallien
und wurde auch von Theodosius als Kaiser neben Valentinian Ii.
in Italien anerkannt. Als er aber dieses Vergleiches ungeachtet
den Valentinian angriff und aus Italien vertrieb, wurde er von
Theodosius besiegt, gefangen genommen und hingerichtet (388).
Valentinian erlangte dadurch die Alleinherrschaft über das Abende
land und berechtigte durch seine trefflichen Eigenschaften zu der
Hoffnung einer guten Regierung, wurde aber schon im drei und
zwanzigsten Jahre seines Lebens auf Anstiften seines Ministers,
des Franken Arbogastes, ermordet (392). Als dieser nun den
Kanzler Eugenias mit dem Purpur bekleidete, eilte Theodo-
sius als Rächer herbei und schlug sie beide in der Schlacht bei
Aquileja im Sept. 394. Eugenius wurde gefangen und hinge-
richtet, Arbogastes entleibte sich selbst. So erlangte endlich nach
vielen blutigen Kämpfen Theodosius, fortan.der Große zu-
benannt, auch die Herrschaft über das Abendland, und vereinigte
zum letztenmal das ganze römische Weltreich unter seinem Scepter.
Allein nicht bloß gegen äußere Feinde suchte Theodosius
das Reich zu sichern, sondern auch die Zerrüttungen im Innern
zu heben, welche durch Sektenzwiste, vorzüglich der Arianer, und
der aus diesen hervorgegangenen Macedonianer "), welche die
Gottheit des h. Geistes läugneten, entstanden waren. Der Kaiser
versammelte daher im Jahre 381 das zweite allgemeine Eonci-
lium zu Constantinopel, in welcher die Gottheit des h. Geistes
feierlich ausgesprochen und das nicäische Glaubensbekenntniß be-
stätigt wurde. Seitdem wurde der Arianismus im ganzen Reiche
verboten und verfolgt. Aber auch jede Art des Götzendienstes
wurde als eine verbrecherische Handlung, das Erforschen der
Zukunft in den Eingeweiden der Opferthiere und jede Darbrin-
gung eines Götzenopfers als Hochverrath bezeichnet. Ja er ge-
stattete sogar, daß die heidnischen Tempel geplündert und zum
Theil zerstört wurden. * 4) Nunmehr erlosch das heilige Feuer
3) Der Stifter dieser Sekte war Macedonius, Patriarch zu Con-
stantinopel.
4j „Zur selben Zeit ließ Gratianus den Altar der Victoria von der
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Extrahierte Personennamen: Justina Marimus Theodosius Theodosius Kanzler_Eugenias Eugenius Theodosius Theodosius
365
Gothen bezeugten ihr verehrendes Andenken des großen Todten
auf eine sonderbare Weise. Sie leiteten, heißt es, den der
Stadt vorbei fließenden Fluß Busento ab, begruben in dessen |
Bette Manch nebst großen Schätzen und ließen dann wieder'^
dem Wasser seinen vorigen Lauf, auf daß unbekannt bleibe tue ;
Stätte, wo der Gothenheld von seinen Siegen ruhe. Sein (
Schwager Athaulf (Adolf), ein tapferer, edelmüthiger und v
schöner Mann, war sein Nachfolger. Dieser söhnte sich mit Ho- ^
norius aus, heirathete dessen Schwester Placidia, die er aus
Nom als Gefangene mitgenommen hatte, und führte der Über- ?
einkunft gemäß seine Gothen aus Italien weg nach Gallien.
Hier gründete Athaulf und, nach dessen Ermordung (415), sein u
Nachfolger Wallia das westgothische Reich, das anfangs
von der Garonne bis zum Ebro sich erstreckte und Tolofa (Tou-
louse) zur Hauptstadt hatte, später aber, nach dem Abzug der
Vandalen und Alanen nach dem nördlichen Afrika, allmälig auch
die übrigen Provinzen von Spanien umfaßte. Placidia war
nach dem Tode ihres Gemahles an den Hof nach Ravenna zu-
rückgekehrt und vermählte sich hier (417) mit dem ausgezeich-
neten Feldherrn Constantius, der auch von selnem Schwager zum
Mitregenten ernannt wurde; und als dieser schon im Jahre 421
starb, verließ die Wittwe mit ihren unmündigen Kindern Valen-
tinianus und Honoria den argwöhnischen Hof und ging nach
Constantinopel.
Nach des Honorius Tode im Jahre 423 bemächtigte sich
sein Geheimschreiber (primicerius notariorum) Johannes mit
Hülfe des Obristen der Leibwache, Aetius, des Thrones.
Allein der Kaiser des oströmischen Reiches, Theodosius Ii., wollte
den Usurpator nicht anerkennen. Er ernannte seinen Vetter, den
Sohn des Constantius und der Placidia, den sechsjährigen Va-
lentinian, zum Augustus, und dessen Mutter zur Regentin des
Reiches und schickte den jungen Kaiser im Geleite eines großen
Heeres nach Italien. Die Feldherrn des Theodosius schlugen
das Heer des Usurpator, nahmen ihn selbst in Ravenna gefan-
gen und schickten ihn nach Aquileja, wo Placidia ihn enthaupten
ließ. Aetius, der von dem Usurpator abgeschickt worden war,
die Hunnen zur Hülfe herüberzuholen, langte plötzlich mit 60,000
Mann an. Allein er unterwarf sich dem rechtmäßigen Kaiser
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Extrahierte Personennamen: Busento Adolf Adolf Wallia Placidia Honorius_Tode Honorius Johannes Theodosius_Ii Augustus
366
Valentim'an, fand sich mit den Hunnen ab und machte sich beim
Abschlüsse dieses Vertrages so verdient um den neuen Thron,
daß die Regentin volles Zutrauen zu ihm faßte und ihm die
höchste militärische Gewalt und die erste Stelle in ihrem Staats-
rathe übertrug.
Valentinianus Hl. (425—455). Unter der schwachen
Regierung dieses Kaisers, der fast sein ganzes Leben hindurch
unter der Vormundschaft seiner Mutter blieb, gingen fast alle
noch übrigen Provinzen des Reiches verloren. Ranke umstrickten
den Hof. Der zweizüngige Aetius, voll Eifersucht über das
Ansehen, das der verdienstvolle Statthalter von Afrika, Boni-
facius, bei Hofe genoß, schwärzte diesen bei der Kaiserin-
Mutter an, als wolle sich derselbe zum Herrn von Afrika machen
und flüsterte ihr ein, sie mögte, zur Probe, ihn unter irgend einem
Vorwände nach Hofe berufen, dann würde sich Herausstellen, ob er
gehorchen und Afrika verlassen würde. Da er sah, daß der Argwohn
bei ihr Wurzel faßte, ließ er dem Bonifacius durch einen seiner Ge-
treuen die vertrauliche Mittheilung machen: er stehe bei Hofe in
Verdacht; die undankbare Herrscherin beabsichtige, ihn zu stürzen;
er möge die Nachricht äußerst geheim halten; von der Wahr-
heit derselben könnte er sich überzeugen, wenn er unter irgend
einem eitlen Vorwände an den Hof gerufen würde. Bonifacius
wurde wirklich dahin gerufen und kam nicht. Placidia, die nun
an der Treue des Aötius nicht zweifelte, sandte sogleich Truppen
ab, den vermeintlichen Rebellen anzugreifen. Um sich in seiner
Provinz behaupten zu können, rief Bonifacius schleunigst d.ie
Vandalen unter Geiserich aus Spanien nach Afrika zu Hülfe
herüber (429). Zu spät wurden Placidia und Bonifacius ent-
täuscht und versöhnt. Dieser bereuete seine rasche That und
wollte sich den gelandeten Barbaren widersetzen; allein er wurde
geschlagen und zur Rückkehr nach Italien genöthigt. Die Sieger
gründeten alsbald auf der Nordküfte Afrika's das van dali-
sch e Reich mit der Hauptstadt Karthago'), eroberten Sicilien
und die Balearen und machten sich durch ihre Freibeuterei allen
C. Männert, Geschichte der Vandalen. Leipzig, 1785. — Unter
der Geißel dieser raubsüchtigen Barbaren wurde das blühende Afrika zu
einer Wüstenei. Bei der Belagerung von Hippo (Bona) starb 430 der
h. Augustinus, Bischof dieser Stadt.
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